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Beispiele erstrittener Gerichtsentscheidungen:


29.06.2016

Dem klagenden Zahler (Karteninhaber) steht kein Anspruch aus § 675u BGB wegen eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs noch aus einem anderen Rechtsgrund gegen seinen Zahlungsdienstleister (Emittentin einer MasterCard) zu. Die unstreitig mit der –angeblich entwendeten - MasterCard des Zahlers erfolgten Geldautomatenabhebungen konnten nur unter Einsatz der zugehörigen korrekten PIN erfolgen.

Bei streitigen Autorisierungen von Zahlungsvorgängen genügt zum Nachweis der Authentifizierung und der ordnungsgemäßen Abwicklung gemäß § 675w S.1 und 2 BGB die Vorlage geeigneter Dokumentationen durch den Zahlungsdienstleister (Umsatzaufstellungen, Transaktions-Dokumentionen). Den dadurch hervorgerufenen Anscheinsbeweis (§ 675w S.3 BGB) kann der Zahler nicht durch die Behauptung erschüttern, er habe seine PIN stets im Kopf gehabt und nicht schriftlich fixiert bzw. er habe seine PIN auswendig gelernt und nur zu Hause im Tresor verschlossen gehabt.

Auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung ist das MasterCard-Kreditkartensystem ein allgemein praktisch nicht zu überwindendes und im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendetes und fehlerfrei funktionierendes Sicherheitssystem, so dass die Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Zahlungsdiensterecht gegeben ist.

Sowohl nach dem eingeholten Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamts wie auch nach Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens vom 19.02.2016/21.04.2016 ist das Auslesen der PIN aus der Karte nicht möglich, und zwar weder aus dem Magnetstreifen noch aus dem EMV-Chip, denn die PIN ist weder auf dem Magnetstreifen noch im Chip gespeichert. Es sind keine Mittel und Wege bekannt, wie ein Geldautomat so manipuliert werden könnte, dass eine beliebige PIN akzeptiert und danach eine Transaktion über einen EMV-Chip bei der Autorisierungsstelle des Kartenemittenten genehmigt werden könnte.

Auch über die Schadsoftware „Mc Gyver“ ist das Sicherheitssystem nicht zu kompromittieren.

Schließlich führt die Behauptung eines atypischen Geschehensablaufs durch Skimming jedenfalls dann nicht zur Erschütterung des Anscheinsbeweises, wenn der Zahler noch nie Bargeld an einem Geldautomaten abgehoben hat.

Urteil des Amtsgerichts Freudenstadt vom 29.06.2016 (5 C 374/13).



Der Wortlaut der Entscheidung kann Hier abgerufen werden.

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